Für Kinder erklärt: trans sein
Heute schreibe ich einem ganz neuen Publikum, nämlich dem Kleinen, das schneller groß wird als wir es uns denken können. Den Kindern.
Die Sendung mit der Maus, eine Institution der Kinderbildung, hat am Sonntag über trans Personen berichtet und das ist großartig. Denn nur wenn ich sehe, wer ich sein kann, kann ich wissen, wer ich bin.
Über die eigentliche Umsetzung kann man dann streiten, das soll hier aber nicht Thema werden. Einige Eltern haben nun geschrieben, sie wüssten nicht, wie sie trans sein ihren Kindern erklären sollen, daher mach ich das jetzt. Kommt und lasst uns gemeinsam Erfahrungen sammeln.
Der Artikel zum Anhören:
Wenn Kinder wie du auf die Welt kommen, dann fragen viele Menschen, wie zum Beispiel deine Oma und dein Opa, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist. Das wollen sie wissen, damit sie dir das Richtige schenken können oder die richtigen Spiele mit dir spielen. Früher als Oma und Opa noch selbst klein waren, war es nämlich so, dass Jungen und Mädchen unterschiedliche Spiele spielen sollten, weil die Erwachsenen das für richtig hielten. Heute wissen wir, dass das Quatsch ist und alle Spiele von allen gespielt werden können. Egal, ob du ein Junge, ein Mädchen oder ob du vielleicht gar nicht sagen kannst, was du bist und nur weißt, dass du ein Kind bist.
Leider finden es viele Erwachsene trotzdem wichtig zu wissen, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist, weil sie das früher mal so gelernt haben. Da sie dich ja noch nicht fragen können, hat dich eine Ärztin nach deiner Geburt gaaaanz genau angeguckt, damit sie sagen kann, ob du ein Junge oder ein Mädchen bist. In den meisten Fällen machen die Ärztinnen das gut, da das aber auch ein bisschen geraten ist, liegt sie nicht immer richtig. Jeder macht mal Fehler.
Daher gibt es Kinder und Erwachsene wie Sam. Sam hat an vielen Kleinigkeiten gemerkt, dass sie kein Junge ist, obwohl das die Ärztin nach der Geburt gesagt hat. Auch Sams Eltern haben das zuerst gedacht und daher mit Sam die Spiele gespielt, die sie mit einem Jungen spielen würden, zum Beispiel Fußball. Sam spielt auch immer noch gerne Fußball, wollte aber auch wie ihre Freundinnen aus der Schule ein Kleid tragen und nicht mit “er” sondern mit “sie” angesprochen werden. Als Sam sich eines Tages von ihren Eltern ein Kleid gewünscht hat, waren die zwar überrascht, haben ihr aber ein Kleid besorgt. Das Kleid hatte Sam dann am nächsten Tag in der Schule an und hat es ganz stolz ihren Freundinnen gezeigt. Sam hat sich so sehr gefreut, auch weil alle ihre Freunde gesagt haben, dass sie toll in dem Kleid aussieht, dass sie nur noch dieses Kleid tragen wollte.
Nach einiger Zeit, in der Sam ausprobiert hat, was ihr gefällt, haben ihre Eltern sie gefragt, ob sie denn lieber ein Junge oder ein Mädchen sein will. Da musste Sam erstmal ein bisschen nachdenken, war sich dann aber sicher und hat ihren Eltern gesagt, dass sie lieber ein Mädchen ist. Menschen wie Sam nennt man ab und zu auch trans Menschen, das heißt, dass sich die Ärztin nach der Geburt geirrt hat und falsch lag, weil Sam ja ein Mädchen und kein Junge ist. Für Sams Eltern war das alles okay und sie haben Sam gefragt, wie sie denn heißen möchte. Da hat Sam ihnen gesagt, dass sie ab jetzt “Sam oder Samantha” heißen möchte und nicht mehr so wie früher mal. Sam möchte aber nicht das jemand ihren alten Namen erfährt, daher psssssst! Jetzt ist Sam ein paar Jahre älter und spielt noch immer gerne Fußball, trägt aber lieber kurze Hosen mit vielen Taschen, weil das viiiiiel praktischer ist. Aber Sam ist glücklich und wird immer älter bis sie eine erwachsene Frau ist und vielleicht selbst Kinder hat wie dich.
Natürlich gibt es neben Kindern wie Sam auch Kinder wie Robin und Mona. Robin weiß, dass er ein Junge ist und er ist der beste Spieler in Sams Fußballteam. Dabei dachten früher alle mal, dass Robin ein Mädchen wäre. Robin dachte das auch eine Weile, weil wenn das alle sagen muss es ja richtig sein. Dann aber hat er gemerkt, dass das nicht stimmt und für ihn auch gar nicht passt, weil er ein Junge ist. Trotzdem trägt Robin noch immer gerne Nagellack und einige seiner Freunde inzwischen auch. Er hat sein trans sein zwar etwas später bemerkt als Sam und hat ein wenig länger gebraucht, aber auch das ist okay.
Mona dagegen weiß nicht, ob sie ein Junge oder ein Mädchen ist, sie sagt, sie ist erst mal ein Kind und überlegt sich später noch, ob sie eins von beidem sein will. Dabei ist sie sich schon recht sicher, dass sie keins von beidem ist. Auch das ist in Ordnung und so spielt Mona mal bei den Jungs mit und mal bei den Mädchen. Aber am liebsten hat sie es, wenn alle zusammen spielen, denn Spiele können von allen gespielt werden, genau wie Kleider, Nagellack und Hosen mit Taschen für alle da sind. Das meint zumindest Mona und hat da damit völlig recht.
Manchmal sind es wir Erwachsene, die denken, etwas wäre zu kompliziert, weil wir es kompliziert machen und für Kinder ist es viel leichter. Und wenn wir ehrlich sind, wird es nicht erst dann kompliziert, wenn wir unseren Kindern erklären müssten, warum wir trans Menschen heute noch immer diskriminieren und viel zu oft schlecht behandeln? Am Ende sollten wir es vielleicht wie Mona halten und unsere Kinder so unterstützen, wie sie sind und ihnen keine Vorschriften machen, was richtig und was falsch ist, wenn sie lernen, wer sie sind. Vielleicht sollten wir ihnen Zeit und Spielraum lassen, sich selbst zu entdecken.
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