Leahs Gedanken

Lass uns ein Stück gemeinsam gehen

Linker Diskurs

Wir Linke haben ein Problem. Überspitzt gesagt: Wir haben gute Ideen, aber wir kommunizieren schlecht. Die Rechten haben schlechte Ideen, haben aber Menschen in ihren Reihen die sehr gut kommunizieren. Was können wir also besser machen?

Die Kurzfassung: Wir müssen lernen, dass die Welt nicht perfekt ist. Dass Kommunikation nicht perfekt ist. Dass wir und auch andere unperfekt sein dürfen. Es geht um Empathie.

Sprache ist wichtig und wir sollten nicht vergessen, wie mächtig sie für unsere Wahrnehmung und unser Denken ist. Die Rechten bieten eine einfache Sprache und ebenso einfache Lösungen. In linken Kreisen ist die Sprache viel komplexer. Auch dadurch, dass sie unsere Diversität widerspiegelt. Und natürlich haben auch wir Menschen, die rhetorisch sehr gewandt sind, aber das hilft uns am Ende nicht.

Wir Linke sind viel zu sehr mit uns selbst und unserem Streben keine Fehler zu machen beschäftigt, um Menschen wirklich von unseren Werten überzeugen zu können. Wir sind nicht empathisch genug. Das heißt zum Beispiel, wir haben häufig komplexe und unrealistische Lösungen für Probleme, die so fast niemand hat oder zumindest zu haben glaubt.

Das Problem mit dem Kapitalismus zum Beispiel. Klar, der Kapitalismus ist nicht gut, aber er ist eben das vorherrschende System. Das muss man anerkennen, genau wie die Tatsache, dass der Ruf nach Kommunismus (auch unrealistisch) oder den Kapitalismus abzuschaffen Menschen abschreckt. Es geht dabei nicht darum, dass sie nicht in Teilen sogar der gleichen Meinung sind, es ist die geforderte große Veränderung die Unsicherheit schafft und das führt unmittelbar zu Ablehnung.

Wir haben unser ganzes Leben lang Dinge gelernt und uns mit ihnen arrangiert. Da ist es schwierig sich eine Welt vorzustellen, in der alles plötzlich anders sein soll. Das macht Angst und verunsichert und ist damit eine unglaublich schlechte Basis, um ein Gegenüber zu überzeugen.

Wir müssen also lernen, dass wirkliche Veränderung im Kleinen entsteht. Das eine kleine Verbesserung für Andere schon viel bedeuten kann. Das viele kleine Veränderungen viel ausmachen.

Der entscheidende Punkt ist es, dass wir unsere Gegenüber für eine Idee gewinnen müssen und das passiert nur, in dem sie selbst den Vorteil darin erkennen. Der Mensch ist grundsätzlich nicht egoistisch, das haben viele Studien gezeigt, aber man muss ihm die Chance bieten nicht egoistisch, sondern empathisch zu handeln. Am besten fühlt es sich an, wenn ich den Eindruck habe, selbst auf einen Gedanken gekommen zu sein.

Denn es gibt ein kleines Problem, das sich Weltbild nennt. Auf Veränderungen und das Hinterfragen unseres Weltbildes reagieren wir sehr sensibel. Daher ist Vorsicht geboten. Nur wenn mein Weltbild und das meines Gegenübers eine Überschneidung hat, ist konstruktive Kommunikation überhaupt möglich. Daher ist es nicht zielführend mit Anhängern von Verschwörungen oder Nazis zu reden, aber mit vielen Anderen ist es sehr fruchtbar. Es muss also einfacher sein sich in unsere Richtung des Weltbildes zu bewegen als in die andere Richtung, ohne das eigene Weltbild zu sehr hinterfragen zu müssen.

Wir müssen also aufhören Meinungen zu kommunizieren, mit denen sich niemand identifizieren kann. Denn das ist entscheidend, ich will mich gut mit meiner Meinung fühlen. Entweder weil Andere sie auch haben, das ist der schlechte Grund, oder weil ich in meinem Inneren davon überzeugt bin und sie mir das Gefühl gibt das Richtige zu tun.

Dazu ist es notwendig, die Unvollkommenheit von Anderen aber auch vom mir selbst zu akzeptieren. Es ist gut und richtig Aussagen zu widersprechen, wenn sie nicht in Ordnung sind. Es ist durchaus richtig Menschen auf problematische Begriffe hinzuweisen. Aber das muss mit Respekt geschehen, mit Geduld. Es muss klar werden, warum etwas „besser“ ist. Es muss sich am Ende für das Gegenüber natürlich anfühlen. Wir können das Gegenüber nur auf dem Weg dorthin unterstützen.

Daher ist es wichtig sich bei nicht optimalen Begriffen auch mal zurückzuhalten, wenn man merkt: Die Person ist eigentlich meiner Meinung. Es bringt nichts mit bissigen Kommentaren zu reagieren. Das verunsichert, das demotiviert und wird nicht zu einer Veränderung führen. Es fördert Distanz, statt Empathie. Manchmal ist ignorieren kein Weg, dann begegne deinem Gegenüber mit Respekt und erkläre dich. Zum Beispiel: „Hey, ich bin voll deiner Meinung. Der Begriff, den du verwendest, ist allerdings negativ belegt. Guck mal den hier empfiehlt eine gute Quelle“.

Wenn wir das nicht tun, schrecken wir Menschen ab, weil sie auch nicht lernen können, ohne Fehler zu machen. Viel mehr lernt man gerade durch die Fehler. Denn letztlich ist es unmöglich alles Richtig zu machen.

Was sollten wir also tun? Wir sollten von unserem hohen moralischen Ross klettern und aufhören uns überlegen zu fühlen. Das täte uns allgemein gut und würde uns bei Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und vielem weiteren ebenso helfen. Wir verändern die Welt nicht in einer Revolution innerhalb weniger Tage. Wir können schon allein aus unseren Ansichten, mögen sie noch so verschieden sein, nur durch kontinuierliche Arbeit etwas bewegen. Es geht um konstruktive Kritik, um Empathie!

Dieser Text ist daher ein Aufruf zu mehr Empathie, mehr Toleranz der Unvollkommenheit gegenüber, für konstruktive Kritik und für eine bessere Kommunikation!